Hall Art Foundation
English|Deutsch
GALLI: Seht zu, wie ihr zurechtkommt
Kuratiert von Annabell Burger
28. Oktober 2023 - 26. Mai 2024

Das Kunstmuseum Schloss Derneburg freut sich, eine Ausstellung der deutschen Künstlerin Galli ankündigen zu dürfen. Kuratiert von Annabell Burger, zeigt die Ausstellung rund fünfzig Werke, die zwischen 1985 und 2015 entstanden sind, darunter selten gezeigte Künstlerinnenbücher und Zeichnungen, sowie Gemälde aus Gallis produktivsten Jahren. Die Ausstellung, die von Burger in einer losen erzählerischen Form konzipiert wurde, unterstreicht durch die thematische Setzung innerhalb fünf wichtiger Werkgruppen ganz bewusst den narrativen Charakter und die grafische Qualität im Werk der Künstlerin. Zeichnerische und malerische Spontanität, sowie ein expressiver Farbgestus führen durch Gallis allegorische Untersuchungen existentieller und körperlicher Erfahrungen. Darüber hinaus hat Burger etwa achtzig Zeichnungen auf Karteikarten ausgewählt, deren Vorder- und Rückseiten erstmalig in dieser Form präsentiert werden und einen detaillierten Einblick in die wichtigsten Themen des Gesamtwerks geben.

 

Galli wurde 1944 im Saarland (Westdeutschland) geboren und zog 1969 nach Berlin, um Kunst zu studieren. Anfang der 1980er Jahre entwickelte sich in Deutschland und Österreich die Strömung der Neuen Wilden, einer hauptsächlich männlich dominierten Gruppierung, der Galli gern zugeordnet wird, von der sie sich aber in ihrer Malerei bewusst distanzierte. Ihr Werk stützt sich auf allgemeine, universelle Themen aus Literatur, Kunstgeschichte, Mythologie und Religion, sowie auf die gelegentliche Aneignung von Wortfragmenten. Ihre Untersuchungen existentieller und körperlicher Erfahrungen verflechten das Häusliche und das Weltliche, das Alltägliche und das Mythologische, das Banale und das Fantastische ihrer ungebändigten Imagination. In Gemälden wie Langes Bild (1985-87) und o.T. (750 Jahre Galerie Nothelfer) (1988) hallen Farbimpulse in grafischen Linien nach und unterstreichen so intime, zugleich mutige, kämpferische, aber auch sarkastisch-humorvolle Momente. In dem Gemälde Kentaur (für Schari!) (1990), inspiriert von Ovids Metamorphosen, kämpft ein einsames Wesen, halb Mensch, halb Pferd mit mehreren Gliedmaßen versehen, physisch und psychisch mit dem Selbst.

 

Über die Jahre entstanden zahlreiche Künstlerinnenbücher. Die mit arbeitsintensiven Zeichnungen versehenen Bücher, die oftmals mit der Schere akribisch seziert wurden und durch dichte, präzise Markierungen und eilige Gestik gekennzeichnet sind, lassen an visuelle Tagebücher erinnern. Obwohl diese nicht als Studien für ihre Gemälde gedacht sind, zeigen die Bücher doch ein ausgeprägtes Interesse an Erzählung, Komposition und Sprache und eröffnen einen Einblick in den Kosmos ihrer großformatigen Arbeiten. In Büchern wie o.T. (Freisenmesterbericht) (1998-2002) entwirft die Künstlerin eine abenteuerliche Reise durch eine mit Pilzen übersäte Landschaft.  Das Buch erscheint zweimal in der Ausstellung - in seiner ursprünglichen Form und in einem Video, in dem Galli durch die Seiten ihrer imaginierten Welt blättert.

 

Fragen des Maßstabs und der Behausung in Form von Körper und Hülle ziehen sich wie ein roter Faden durch Gallis Werk. Einerseits fließt ihre Malerei aus dem Unbewussten, andererseits entstehen bewusst Gegenstände. Ein Haus, eine Tasse, ein Tisch, eine Kanne, ein Baum. Zu Gallis Welt der hybriden Wesen gehören die erkennbaren Dinge der äußeren Wirklichkeit, die sie genüsslichst verzerrt und zum Leben erweckt, ebenso, wie ihre amorphen Figurationen. Letztlich ein Verweis auf die Austauschbarkeit von Hülle, die Austauschbarkeit von Körper, der sich in ihrer Malerei in variierender Erscheinungsform präsentiert und unterschiedlichsten Metamorphosen unterliegt. Vielleicht sogar eine Art künstlerisches Korrektiv gesellschaftlichen Denkens, Andersartigkeit zuzulassen.

 

Galli (geb. 1944, Saarland) studierte Malerei an der Werkkunstschule in Saarbrücken, und an der Hochschule der Künste in Berlin (heute UDK), 1969. 1989 erhielt sie den Will Grohmann Preis. Von 1992 bis 2005 unterrichtete sie an der FH Münster. 2003 Preisträgerin des Albert-Weisgerber-Preis. Ausstellungen ihrer Werke fanden jüngst statt im Museum Frieder Burda, Baden-Baden (2023) (andauernd); Goldsmiths CCA, London (groupshow, 2023), Nogueras Blanchard, Madrid (solo, 2023); Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin (solo, 2022); Spaced Out, Gut Kerkow (solo, 2022); brunand brunand, Berlin (solo, 2021); und bei der 11th Berlin Biennale für zeitgenösssiche Kunst, KW, Berlin (2020). Frühere Einzelausstellungen fanden statt im Museum St. Ingbert (2004); Stadtgalerie Saarbrücken (1992); Villa Romana, Florence (1990); Salzburger Kunstverein, Salzburg (1989); Städtisches Bodensee-Museum, Friedrichshafen (1985); Galerie der Berliner Festspiele, Berlin (1981); Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin (1980); und Modersohn-Becker-Haus, Bremen (1978).

 

Detaillierte Informationen und Bildmaterial stellt das Verwaltungsbüro der Hall Art Foundation unter info@hallartfoundation.org zur Verfügung.

 

 

 

 

img

Galli

Langes Bild, 1985-87

Acrylic, charcoal on nettle, in wooden frame

59 x 70-3/4 in. (150 x 180 cm)

Courtesy the artist and Kraupa Tuskany Zeidler, Berlin.

© the artist

 

img

Galli

o.T. (750 Jahre Galerie Nothelfer), 1988

Acrylic, dispersion, chalk on nettle

45-1/4 x 57 in. (115 x 145 cm)

Private Collection, Berlin

© the artist

 

img

Galli

Kentaur (für Schari!), 1990

Acrylic, dispersion, chalk on burlap

59 x 74-3/4 in. (150 x 190 cm)

Courtesy the artist and Kraupa Tuskany Zeidler, Berlin.

© the artist

 

img

Galli

o.T. (Freisemesterbericht), 3. März 1998 bis 22. Februar 2002

[Standbild, Kamera: Miriam Visaczki]

Buch, Papier, Kugelschreiber, Filzstift, geschnitten und collagiert,

28 Seiten inklusive Umschlag (beidseitig bemalt)

8-1/4 x 6 x 0-1/4 in. (21 x 15 x 0.5 cm)

Courtesy the artist

© the artist

 

img

Galli

Index Cards, 2000-2006

Ballpoint pen, gouache, marker, pencil on index card

Each: 4-1/4 x 6 in. (10.5 x 15 cm)

[Installation image, Brunand Brunand, Berlin, 2021]

Courtesy the artist

© the artist