Als langfristige Leihgabe der Hall Art Foundation wird auf dem Campus des MASS MoCA das monumentale Skulpturen-Ensemble Les Pommes d’Adam von Franz West zu besichtigen sein - erstmals in den USA und das zweite Mal überhaupt. Zuvor war die Installation bereits 2007 in Paris auf der Place Vendôme neben der Siegessäule von Napoléon Bonaparte zu sehen. Les Pommes d’Adam wird unmittelbar neben dem 930 Quadratmeter großen Gebäude der Hall Art Foundation aufgebaut, das dem Werk Anselm Kiefers gewidmet ist, und dessen Wiedereröffnung im Frühling, ebenfalls am 3. Mai, den Beginn der ersten vollen Saison markiert, in der diese Ausstellung im Museum besucht werden kann.
Als Franz Wests Les Pommes d’Adam erstmals 2007 auf der Pariser Place Vendôme gezeigt wurde, merkten die Ausstellungskuratoren an, die Skulptur leite ihren Namen vom Adamsapfel her, sei von diesem inspiriert und verweise auf das markante Profil des männlichen Halses. Die Öffentlichkeit fühlte sich durch die Gruppe kaugummipinkfarbener Skulpturen allerdings dazu provoziert, die Referenz etwas weiter unten am männlichen Torso zu verorten.
West wird seine Freude an dieser Verwirrung gehabt haben, hat er doch einmal geäußert: „Es spielt keine Rolle, wie Kunst aussieht, sondern wie sie genutzt wird“. Der Nutzen der Kunst und ihre Rezeption durch den Einzelnen waren für West immer von Bedeutung. Zu seinen frühesten Werken gehören die Paßstücke oder Adaptives, eine Serie kleiner, transportabler Gipsobjekte, von denen eine Auswahl 2002 im MASS MoCA ausgestellt wurde. Die Paßstücke waren dazu gedacht, vom Betrachter in die Hand genommen und manipuliert zu werden, so dass ihre Bedeutung je nach Nutzung wechselt. Einige könnten als Buchstütze oder Blumenvase verwendet werden, andere ihren Platz auf einem Skulpturensockel finden.
Les Pommes d’Adam ist, wie viele von Wests Arbeiten, voller Humor und besonderer Freude an bildlichen und sprachlichen Kalauern. Sie versetzen uns einen Knuff, provozieren und lassen uns unsere physische und psychische Beziehung zur Kunst hinterfragen. Die Anspielung auf den menschlichen Körper erinnert an die Arbeit der Aktionisten, einer Künstlergruppe, die in Wien bekannt war, als West dort an der Akademie für Angewandte Kunst studierte. Ähnlich der amerikanischen Fluxus-Bewegung waren die Aktionisten darauf bedacht, Kunst jenseits der gewohnten Galerie- und Marktstrukturen zu schaffen, offene Events oder Happenings, die abstrakte Kunstwerke und ritualhafte, körperorientierte Auftritte hervorbrachten.
Les Pommes d’Adam ist grobschlächtig aus den Grundmaterialien Metall, Epoxidharz, Farbe und Beton gearbeitet. Die vier biomorphen, Totempfahl-förmigen Skulpturen stehen in gut 7,5 Meter Abstand zueinander und wirken gleichzeitig unfertig und hoch vollendet. In seiner Darbietung in Paris befand sich Les Pommes d’Adam in unmittelbarer Nähe zur Vendôme-Siegessäule, deren Spitze eine Statue von Napoléon Bonaparte in römischem Gewand ziert. Wests Präsentation von Les Pommes d’Adam auf der Place Vendôme trat mit der Napoléon-Säule in Beziehung und parodierte sie vielleicht, so dass sie die Betrachter dazu veranlasste, sie und ihre Rolle in der Geschichte von Paris und Frankreich neu zu überdenken.
Im Lichte der apokryphen Erzählung über die Etymologie des Ausdrucks “Adamsapfel” erhält die idiomatische Wendung “Napoleon-Komplex” zum Beispiel eine ganz neue Bedeutung. Dem Bibeltext zufolge war der Baum der Erkenntnis im Garten Eden ein Apfelbaum. Als Eva Adam von der verbotenen Frucht des Baumes gab, und er sie aß, blieb ihm ein Stück davon im Halse stecken. Der Adamsapfel dient also als ständige Erinnerung an die Vermessenheit zu begehren, was man nicht haben oder auch wissen sollte. Genauso könnte Les Pommes d’Adam in seiner monumentalen, um nicht zu sagen anmaßenden Überdimensioniertheit als spielerische Warnung vor den Gefahren ungezügelter Ambitionen verstanden werden.
Franz West (1947–2012) wurde in Wien geboren, wo er von 1977 bis 1982 bei Bruno Gironcoli an der Akademie für Angewandte Kunst studierte. Sein Werk wurde weltweit ausgestellt - u. a. auf der Biennale di Venezia, der documenta, im Lincoln Center in New York, im Centre Pompiou in Paris, im Hirshhorn Museum in Washington D.C sowie im Los Angeles County Museum of Art – und ist in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. Im Laufe seiner Schaffenszeit hat West mit vielen anderen Künstlern zusammengearbeitet, darunter Michelangelo Pistoletto und Mike Kelly.
In Verbindung mit dieser Ausstellung von Les Pommes d’Adam werden vom 7. Juni 2014 bis 25. Januar 2015 im nahegelegenen Williams College Museum of Art Werke von Franz West aus der Hall-Sammlung gezeigt.
Weitere Informationen finden Sie unter MASS MoCA.
Franz West
Les Pommes d'Adam (2007)
Place Vendôme, Paris