Hall Art Foundation
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Francesco Clemente
Selbstportraits als die Zwölf Apostel
17. Juni 2023 – 14. April 2024

Am 17. Juni 2023 eröffnet im Kunstmuseum Schloss Derneburg eine Ausstellung mit Werken von Francesco Clemente. Gezeigt werden zwölf Selbstporträts in denen Clemente sich jeweils als einen der Zwölf Apostel Jesu darstellt. In dieser Serie manifestiert sich Clementes umfangreiche Selbstporträtmalerei und seine Spiritualität in einem biblischen Narrativ. Francesco Clemente: Self Portraits as the Twelve Apostles findet parallel zu The Passion statt, einer Gruppenausstellung, die sich mit der Verwendung christlicher Ikonographie in zeitgenössischer Kunst befasst und zugleich an die kirchliche Vergangenheit von Schloss Derneburg erinnert.

 

Francesco Clemente wurde 1952 in Neapel geboren. Mit seiner einzigartigen Bildsprache ist er einer der markantesten Vertreter der neo-expressionistischen Bewegung der Siebziger- und Achtzigerjahre. Clementes fünfzigjährige Laufbahn begann mit dem Studium in Rom, wo er in Kontakt mit seinem Mentor Alighiero Boetti kam und Arbeiten von Künstlern der Arte-Povera-Bewegung kennenlernte. 1973 reiste Clemente erstmals nach Indien, wo er später ein Atelier in Madras aufbaute. 1982 übersiedelte er nach New York. Er kombinierte die Einflüsse seiner süditalienischen Herkunft mit einem großen Interesse für nicht-westliche Kulturen, etwa das Studium religiöser Texte und Folkloretraditionen in Indien. Dabei ist Clementes hingebungsvolle Arbeit an der Figur in verschiedenen Medien bekannt für ihren spirituellen Symbolcharakter und ihre schwer greifbare Sinnlichkeit.

 

In der Erforschung von Identität und Selbst befasste Clemente sich seit 1979 immer wieder mit dem Porträt seiner selbst. Die Gemäldegruppe unter dem Titel The Apostles wurde erstmals 2011 in einer Ausstellung des Künstlers in den Uffizien in Florenz gezeigt. In seinen Selbstporträts übernimmt Clemente die kanonischen Attribute der neutestamentlichen Apostel und proklamierte gemäß einem Zitat des Theologen Emanuel Swedenborg „eine Flamme der Liebe für sich selbst und die Welt“. Die Geschichte von Schloss Derneburg, das ursprünglich ein Kloster und später Künstlerhaus und Atelier war, könnte als Rahmen für diese Ausstellung kaum passender sein. Ab dem 12. Jahrhundert siedelten sich in Derneburg verschiedene religiöse Orden an, beginnend mit den Augustiner-Chorherren, die hier ab 1143 eine Abtei errichteten.

 

In Self-Portrait as St. Matthew (2011) wird Clementes Gesicht von zwei ausgebreiteten Flügeln gerahmt. Die Arme sind zum Gebet gekreuzt. In Self-Portrait as Judas (2011) malt Clemente sich selbst frontal als Jesus und im Profil als Judas, der ihm ins Ohr flüstert. Erst in diesem Jahr fertiggestellt interpretiert Self-Portrait as St. Thomas, Revisited (2023) das ursprüngliche Gemälde als geisterhaftes Abbild neu. In Rot und Gold gehaltene Silhouetten zeigen die Vergewisserung der zweifelnden Figur, die in Anlehnung an das Gemälde von Caravaggio eine Hand in die Seite eines menschlichen Torso legt.

 

The Apostles werden gemeinsam mit Clementes früherem Gemälde For an History of Women (2009) gezeigt, in dem Nonnen planetenartig durch den Himmel zu schweben scheinen. Wegen ihrer unterschiedlichen Ausrichtung im Gemälde sind die Blicke der Nonnen teils nach unten, teils aus dem Gemälde heraus gerichtet, wodurch sich auch die Perspektive mehrfach ändert. Diese Gruppierung ist überlagert mit den schablonierten Namen von Stimmungsstabilisatoren wie Prozac, Oxycontin, Adderall und Ritalin. Die gefalteten Hände der einzelnen Figuren ähneln den Händen der Apostel und betonen die Bedeutung der Hände als Ausdruck von Verehrung und Gebet. Aus der Komposition geht eine gewisse Ehrfurcht vor der Historienmalerei und spirituelle Reflexion hervor, während sie zugleich Bezug nimmt auf die Bewältigungsstrategien der heutigen Zeit.

 

Francesco Clemente studierte 1970 Architektur an der Università degli Studi di Roma, La Sapienza, bevor er sich stattdessen der Kunst zuwandte. Im Jahr 2002 wurde Clemente in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen. Seine Werke wurden an vielen Orten auf der ganzen Welt gezeigt, darunter die Nationalgalerie Berlin, das Philadelphia Museum of Art, die Royal Academy of Arts London, das Musée National d’Art Moderne im Centre Georges Pompidou Paris, die Galleria d’Arte Moderna Bologna, das Guggenheim Museum New York, das Guggenheim Museum Bilbao, das Sezon Museum of Art Tokio und das Museo Archeologico Nazionale di Napoli. Darüber hinaus sind seine Werke in vielen internationalen Sammlungen enthalten, wie etwa am Albertina Museum Wien, dem Art Institute of Chicago, dem Miami Art Museum, dem Kunstmuseum Basel, dem Solomon R. Guggenheim Museum Bilbao und New York, dem Metropolitan Museum of Art New York und dem Museum of Modern Art New York. Clemente lebt und arbeitet in New York, Chennai (vormals Madras) und Varanasi, Indien.

 

Diese Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der Vito Schnabel Gallery organisiert.

 

Detaillierte Informationen und Bildmaterial stellt das Verwaltungsbüro der Hall Art Foundation unter info@hallartfoundation.org zur Verfügung.

 

 

 

 

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Francesco Clemente,

Self-Portrait as St. Peter, 2011

Oil on canvas

48 x 43 in. (122 x 109 cm)

Courtesy the artist and Vito Schnabel Gallery

© the artist

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Francesco Clemente

Self-Portrait as St. Matthew, 2011

Oil on canvas

48 x 43 in. (122 x 109 cm)

Courtesy the artist and Vito Schnabel Gallery

© the artist

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Francesco Clemente

Self-Portrait as Judas, 2011

Oil on canvas

48 x 43 in. (122 x 109 cm)

Courtesy the artist and Vito Schnabel Gallery

© the artist

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Francesco Clemente

Self-Portrait as St. Thomas, Revisited, 2023

Oil on canvas

48 x 43 in. (122 x 109 cm)

Courtesy the artist and Vito Schnabel Gallery

© the artist

Photo: Argenis Apolinario

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Francesco Clemente

For an History of Women, 2009

Oil on linen

68 x 70 in. (173 x 178 cm)

Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation

© the artist